Rund 200 tote Frauen in den USA, 28 tote Frauen in Deutschland und 14 gemeldete Todesfälle in Frankreich. Das ist die traurige und nur offizielle Bilanz der drospirenonhaltigen Antibabypillen von Bayer. Aber Sie können sicher sein, dass die tatsächlichen Zahlen weitaus höher liegen. Sie, Herr Dr. Dekkers, und auch die Damen und Herren des Aufsichtsrates wissen genau, dass es weltweit viel mehr Frauen gibt, die nach der Einnahme einer drospirenonhaltigen Pille wie Yasmin, Yasminelle oder Yaz, die fataler Weise mit einem erhöhten Thromboserisiko behaftet sind, schwere Nebenwirkungen wie Thrombosen, Lungenembolien oder einen Schlaganfall erlitten haben. Und im schlimmsten Fall für die Einnahme einer Ihrer Pillen mit dem Leben bezahlt haben. Und was haben Sie bisher unternommen, um das Sterben oder Leiden weiterer Frauen und deren Angehöriger zu verhindern? Nichts….
Mein Name ist Kathrin Weigele. Ich habe nach der Einnahme der Pille Yasmin aus Ihrem Hause eine schwere beidseitige Lungenembolie erlitten. Beide Lungenflügel waren voll von kleinen Thromben, die meine Lunge verstopften und mir das Atmen beinahe unmöglich machten. Die Pille Yasmin hätte mich im Alter von 24 Jahren so beinahe getötet. Ich hatte eine Überlebenschance von 5%. Herz und Lunge sind nach wie vor schwer gezeichnet von der Embolie. Lebenslange Folgeschäden und die lebenslange Einnahme von Blutgerinnungsmitteln, die eine Schwangerschaft unmöglich machen, sind mir geblieben. Dass es bei der Einnahme der Pille zur Bildung von Thrombosen oder Embolien kommen kann – das, denke ich, ist weitgehend bekannt. Nicht bewusst war mir zum damaligen Zeitpunkt aber, dass ich mit der Pille Yasmin entgegen der Anpreisung als besonders schonender und niedrig dosierter Pille, eine Pille eingenommen hatte, deren Thromboserisiko dasjenige der Pillen der 2. Generation um ein vielfaches übersteigt. Das konnte ich auch nicht wissen. Denn ein solcher Hinweis war damals, im Gegensatz zu heute, nicht im Beipackzettel enthalten. Und Sie können sicher sein, hätte ich von dem erhöhten Thromboserisiko gewusst, hätte ich die Pille Yasmin nie genommen!
Mein Name ist Felicitas Rohrer und auch ich erlitt eine beidseitige Lungenembolie. Ein akuter Atem- und Herzstilstand waren die Folge, ich war klinisch tot. Nur mühsam habe ich mich erholt und wie Frau Weigele leide ich noch heute unter den Nachwirkungen. Heute begleiten uns noch weitere Betroffene, sie erlitten Thrombosen, Embolien, Schlaganfälle und ihr Leben wird nie wieder wie vorher sein. Mit dabei ist auch das Ehepaar Zwartjes, die ihre Tochter Lena im Alter von 15 Jahren verloren haben. Sie starb an einer Lungenembolie nach der Einnahme einer Ihrer Pillen.
Obwohl sich die Vorfälle häufen und immer mehr Nebenwirkungen der drospirenonhaltigen Pillen oder sogar Todesfälle verzeichnet werden, werden Betroffene und Geschädigte wie wir seitens Ihres Konzerns als bedauerliche Einzelfälle abgetan. Wir sind in diesem Jahr zum 6. Mal hier auf der Hauptversammlung und jedes Jahr mussten wir auf der Website unserer Selbsthilfegruppe Drospirenon Geschädigter leider neue Fälle von Thrombosen, Embolien, Schlaganfällen und sogar Todesfälle dokumentieren. Einzelfälle, das kann ich Ihnen sagen, sind wir längst nicht mehr, auch wenn Sie das bestimmt wieder anders darstellen werden. Herr Dr. Dekkers, wie lange wollen Sie die drospirenonhaltigen Pillen noch vermarkten und so mit dem Leben gesunder Frauen spielen? Rechtfertigen hohe Gewinne etwa den Tod weiterer Frauen und Mädchen? Das Sterben geht weiter, Herr Dr. Dekkers und Sie sollten endlich aus Ihrem Dornröschenschlaf erwachen, den Ernst der Lage anerkennen, endlich aktiv werden und die drospirenonhaltigen Pillen vom Markt nehmen. Doch jedes Jahr bekommen wir von Ihnen nur die völlig identischen und inhaltslosen Phrasen zu hören wie: „Wir bedauern ihre Schicksale sehr“… „Wir gehen weiterhin von einem positiven Nutzen-Risokoprofil unserer drospirenonhaltigen Pillen aus“ … „Wir stehen hinter unseren oralen Kontrazeptiva“ … „die drospirenonhaltigen Kontrazeptiva sind sicher und zuverlässig bei indikationsgemäßer Einnahme“. Wir hier und tausende andere Geschädigte sind der Gegenbeweis. Und gerade der letzte Satz ist für uns absolut nicht haltbar. Denn wir sind Juristinnen, Architektinnen, Tierärztinnen, also durchaus intelligente Frauen und wir sind sehr wohl dazu in der Lage, den Beipackzettel Ihrer Pillen zu lesen und zu verstehen und die Pille indikationsgemäß einzunehmen, Herr Dr. Dekkers. Und genau das haben wir auch getan. Und trotzdem stehen wir hier. Hinter uns liegt ein langer Leidensweg und vor uns ein Leben, das wir uns so nicht ausgesucht hatten. Ein Leben bestimmt von Medikamenten, Arztbesuchen und der ständigen Angst vor einer Verschlechterung unseres Gesundheitszustandes. Und deswegen werden wir weiter dafür kämpfen, dass auch Sie Herr Dr. Dekkers und alle anderen Verantwortlichen des Bayer-Konzerns endlich aktiv werden und die Vermarktung und den Verkauf der drospirenonhaltigen Pillen stoppen.
Denn es gibt unserer Meinung nach keinen Zweifel mehr daran, dass drospirenonhaltige Pillen häufiger Thrombosen auslösen, als Pillen der älteren 2. Generation. Dies belegen Studien unabhängiger Wissenschaftler. Außerdem musste bereits 2010 auf Veranlassung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte der Beipackzettel um weitere Risikohinweise und Angaben zu Nebenwirkungen ergänzt und auf Studien aus den Niederlanden und Dänemark hingewiesen werden, die von einer erhöhten Thrombosegefahr ausgehen.
2011 kamen sowohl die Europäische Arzneimittelagentur als auch die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA zu dem Schluss, dass die Anwendung drospirenonhaltiger Kontrazeptiva mit einem erhöhten Risiko verbunden ist.
Heute möchte ich mich mit folgenden Fragen an Sie wenden:
Wie viele Todesfälle oder Fälle von schweren Erkrankungen im Zusammenhang mit der Einnahme drospirenonhaltiger Kontrazeptiva wurden Ihnen in den vergangenen Jahren gemeldet?
Seit wann war den Verantwortlichen der Bayer AG bekannt, dass drospirenonhaltige Kontrazeptiva ein höheres Thromboserisiko beinhalten als die Kontrazeptiva der so genannten 2. Generation? Welche Studien liegen Bayer zur Beurteilung des Nutzen-Risiko-Profils von Drospirenon nunmehr vor? Sind Ihnen neue Studien bekannt oder haben Sie neue Studien diesbezüglich in Auftrag gegeben oder durchgeführt? Liegen der Bayer AG Gutachten über den Wirkstoff Drospirenon, die im Rahmen von gerichtlichen Verfahren eingeholt wurden vor? Wenn ja zu welchem Ergebnis kommen diese?
In den USA haben Sie sich bereits mit rund 8900 (bis 9. Juli 2014) Anspruchstellerinnen außergerichtlich verglichen und dabei Zahlungen von 1,9 Milliarden Dollar geleistet. Dies geschah zwar ohne Schuldeingeständnis, aber: Wo kein Anspruch, da keine Notwendigkeit zu Zahlungen! Wie rechtfertigen Sie, dass Geschädigte in den USA Entschädigungen erhalten während in Deutschland keine Regulierungen erfolgen? Wo genau sehen Sie den Unterschied zwischen einer amerikanischen Geschädigten und einer deutschen? Haben wir nicht alle mit denselben Problemen und Folgen unserer Entscheidung für ein Bayer-Produkt zu kämpfen? In welcher Höhe wurden bisher in den USA drospirenonbedingte Schadensfälle reguliert? Hat Bayer vielleicht sogar in Deutschland bereits die Regulierung von Schadensfällen vorgenommen? In welcher Höhe wurden in Deutschland drospirenonbedingte Schadensfälle reguliert? Und in welcher Höhe wurden insgesamt in Europa drospirenonbedingte Schadensfälle reguliert?
Ich möchte ferner wissen, wie viele Klagen in Deutschland gegen die Bayer AG und Ihre Tochterfirmen aufgrund der drospirenonhaltigen Kontrazeptiva derzeit anhängig sind und in welcher Höhe Sie mit Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen in Deutschland rechnen? In wie vielen Fällen wurde Bayer durch europäische Gerichte zu Schadensersatz/Schmerzensgeld wegen der drospirenonhaltigen Kontrazeptiva verurteilt? In wie vielen Fällen wurde Bayer durch US-amerikanische Gerichte zu Schadensersatz/Schmerzensgeld wegen der drospirenonhaltigen Kontrazeptiva verurteilt? In wie vielen Fällen wurden in Europa und den USA Vergleiche geschlossen?
Herr Dr. Dekkers, es reicht! Wir sind nicht hier aus Spaß an der Freude. Wir sind hier, weil wir beinahe gestorben wären und nur knapp überlebt haben. Wir sind hier, weil Sie die Verantwortung dafür tragen, was uns und anderen jungen gesunden Frauen wiederfahren ist. Wir sind verdammt nochmal wütend, weil Sie uns immer wieder als Querulantinnen abtun, die Ihnen nur die Bilanz versauen wollen. Aber wir waren gesunde junge Frauen, die Ihrem Konzern ihr Vertrauen ausgesprochen haben und Ihre Präparate gekauft haben. Wir waren gesunde junge Frauen deren Leben Sie zerstört haben, indem sie gedankenlos und – langsam scheint es fast gewissenlos Präparate weitervermarkten, die ein erhöhtes Thromboserisiko mit sich bringen. Wir waren gesunde junge Frauen, die durch eine dospirenonhaltige Pille von Bayer krank wurden. Die Pille soll verhüten. Und sonst nichts. Eben das tun auch die älteren Präparate der 2. Generation genauso wirkungsvoll. Wie rechtfertigen Sie also die Zunahme lebensgefährlicher Nebenwirkungen unter dem Wirkstoff Drospirenon? Sie haben eine Verantwortung den Frauen gegenüber, die mit einer Ihrer Pillen verhüten. Also stehen Sie endlich zu dieser Verantwortung und nehmen die Präparate vom Markt, die ein unnötig höheres Thromboserisiko mit sich bringen!
Und zum Schluss wollen wir Ihnen und Ihren Schreiberlingen gerne etwas Arbeit abnehmen: Ersparen Sie sich bei Ihrer Antwort Floskeln wie „Wir bedauern Ihr Schicksal“ oder „Wir nehmen Anteil“. Das haben Sie all die Jahre zuvor auch immer gesagt und meinen es doch nicht ernst. Nichts ist passiert. Unsere Gesprächsangebote wurden ignoriert. Dass es Ihnen doch nur um den Profit geht, zeigt ein internes Schreiben, in dem sie verkünden, dass Sie die drospirenonhaltigen Pillen so lange weiterverkaufen werden, so lange die Höhe der Einnahmen die Entschädigungszahlungen übersteigen. Eine verdammt zynische Rechnung. Und wahrscheinlich das wahre Gesicht von Bayer. Wir wollen kein Mitleid und keine unaufrichtige Anteilnahme. Wir möchten mit unserer berechtigten Kritik ernst genommen werden. Werden Sie endlich tätig! Nehmen sie die drospirenonhaltigen Pillen endlich vom Markt!
Danke im Übrigen auch dafür, dass wir immer dann unsere Rede halten dürfen, wenn der Saal schon leer ist. Haben Sie etwa Angst vor dem, was wir sagen?