Pille: | Velafee |
Wirkstoff: | 2 mg Dienogest , 0,03 mg Ethinylestradiol |
Einnahmedauer: | 3 Jahre |
Symptome: | sehr starke, einseitige Kopfschmerzen, Verwirrtheit, Schwierigkeiten beim Sprechen, Trägheit, Müdigkeit, Schwierigkeiten beim Gehen, Sehstörungen |
Diagnostiziert: | Sinusvenenthrombose |
Raucher: | Nein |
Übergewicht: | Nein |
Mein Erfahrungsbericht:
Es fing mit plötzlich auftretenden, sehr starken und einseitigen Kopfschmerzen an. Ich habe häufiger diese migräneartigen Anfälle gehabt, Migräne wurde mir aber nie ärztlich bescheinigt. Im schlimmsten Fall habe ich eine Schmerztablette genommen, ich bin immer sehr vorsichtig mit Tabletten. Diesmal waren die Schmerzen so stark, dass ich innerhalb von vier Tagen 5 Tabletten brauchte.
Nach dem Wochenende am Montag kam ich nicht mehr aus dem Bett. Ich hatte Schwierigkeiten mich zu bewegen, hatte Sehstörungen, konnte nicht sprechen oder mich an Namen erinnern, ich war im Gespräch abwesend. Mein Freund zwang mich glücklicherweise zu einem Neurologen um die Ecke, er musste mich stark unterstützen um die Praxis zu erreichen, dort angekommen übernahm er das Reden. Wir wurden abgewiesen, die Arzthelferin sah keine akute Gefahr. Ich fing an zu weinen, mein Freund brachte mich noch zu einer allgemeinen Arztpraxis, in der ich für den Nachmittag einen Termin erhielt. Bis dahin hieß es warten.
Vor dem Termin erlitt ich einen epileptischen Anfall, ein Rettungswagen brachte mich ins Krankenhaus. Ich habe keine Erinnerungen an die Zeit davor, erst im Krankenwagen kam ich kurz zum Bewusstsein, dann erst wieder in der Notaufnahme. Dort verschlief ich die Zeit, es wurden Untersuchungen gemacht, von denen mir später berichtet wurde, da ich mich nicht erinnerte. Ich übergab mich viel, obwohl ich an dem Tag nichts gegessen hatte. Ich hatte noch immer starke Schmerzen. Ich erfuhr später, dass ich knapp 6 Stunden in der Notaufnahme lag, es wurde erst ein CT gemacht, dann noch ein MRT. Abends kam ich auf die Intensivstation, auf der ich für weitere Untersuchungen vier Tage blieb.
Zwei Tage umringt von 9 weiteren Leuten, die tagsüber und über Nacht schrien, ich wollte langsam aus dem Krankenhaus heraus. Später kam ich auf die Normalstation, insgesamt lag ich 10 Tage im Krankenhaus. Ich wurde von den Heparinspritzen, die ich abends erhielt, auf die Tabletten umgestellt. Die Spritzen, die in den Bauch injiziert werden, waren sehr schmerzhaft und mussten auch nach dem Krankenhausaufenthalt bis zum Einstellen des Blutgerinnungswertes verwendet werden. Ich selber habe es nicht geschafft mir in den Bauch zu spritzen. Es folgten Monate mit Facharztbesuchen, Monate mit der Steigerung der Konzentration, die ersten Tage nach dem Krankenhaus fiel es mir schwer mehr als drei Schritte zu laufen ohne mich hinzusetzen. Schon im Krankenhaus hieß es nach 6 Monaten werde ein weiteres MRT gemacht, dann sei alles wieder gut. 6 Monate kamen mir sehr lange vor, danach erfuhr ich von meiner Neurologin, dass das Ganze meist mehr als 12 Monate benötigt, um zu verheilen. Ich war sehr verzweifelt.
Wie geht es mir heute damit:
Der Vorfall ist 9 Monate her. Ich war nie ein Arztgänger, nun war ich gezwungen alle Fachärzte zu besuchen, regelmäßig zum Allgemeinarzt zu gehen. Anfangs durfte ich weder Fahrradfahren noch Schwimmen, da die Gefahr eines weiteren epileptischen Anfalls zu groß war. Ein völliger Verlust meiner Freiheit. Noch dazu die Tabletten, 4 Tabletten am Tag, die zeitig eingenommen und richtig dosiert sein müssen.
Die Lebensmittel, auf die man verzichten muss, das regelmäßige Pieksen in den Finger. Gleichzeitig die Nebenwirkungen und die Angst vor Verletzungen. Die völlige Angst vor einer Wiederholung. Das völlige Nichtvertrauen zum eigenen Körper, der sonst nie Probleme barg, keine Erkrankungen, keine Allergien, nichts. Und dann das. Ich habe sehr schnell beschlossen gegen den ärztlichen Rat weiter zu studieren. Das war harte Arbeit die Konzentration wiederzuerlangen, aber die Anstrengungen haben sich gelohnt. Durch die auftretenden Kopfschmerzen warnte mich mein Körper jedes Mal vor Überbelastung. Die Kopfschmerzen kamen immer unvermittelt, auch außerhalb des geschützten Raumes, das eigene Zuhause. Gerade in der Öffentlichkeit war es schwierig vernünftig zur Ruhe zu kommen, um das Ende der Kopfschmerzen zu erwirken.
Es wurden Infektionen ausgeschlossen, es liegen keine genetischen Probleme vor, ich habe keine Probleme mit meinen Gerinnungsfaktoren. Nach all den Arztbesuchen und regelmäßigen Kontrollen bleibt mir bis heute keine Ursache außer der Pille. Der Pille, der ich immer vertraut habe, die ich immer gut vertragen habe. Die ich wegen des Verdachtes auf Endometriose nahm. Mit diesem Problem stehe ich jetzt ratlos da. Die Frauenärztin sagt, aufgrund der eventuellen Endometriose sollten Hormone genommen werden, gleichzeitig ist das Risiko einer erneuten Thrombose zu groß. Es gilt zwischen zwei gesundheitlichen Problemen abzuwägen. Heute ist mir klar, dass ich keine Hormone mehr nehmen werde. Ich rate allen davon ab.
Das was mir passiert ist, soll keinem anderen passieren. Für so eine Krankheit war und bin ich einfach zu jung. Für Stützstrümpfe bin ich zu jung, für die ganzen Risiken einer erneuten Thrombose bin ich zu jung. Ich kann es leider nicht mehr ändern oder rückgängig machen. Nach sieben Monaten wurde das MRT gemacht, es war nichts mehr zu erkennen, Wochen später konnte erst das Marcumar, dann noch später die Anti-Epileptiker abgesetzt werden. Meine Neurologin sagt, es ist für sie nichts Unnormales, dass „nur die Pille“ dazu führt. Medizinische Studien dazu fehlen, obwohl mir bisher jeder Arzt bestätigt, dass sich die Fälle häufen. Ich bin jetzt seit knapp einem Monat frei von meinen Medikamenten. In zwei Monaten wird das Abschluss-EEG gemacht, wenn das gut ist, habe ich das Kapitel hoffentlich hinter mir. Anfangs hat man Angst, es wiederholt sich. Es geht alles wieder von vorne los. Das Kribbeln in den Beinen bildet man sich ebenso ein wie ein stark klopfendes Herz. Stück für Stück hole ich mir das Vertrauen in meinen Körper zurück. Es wird bestimmt noch etwas dauern.