Pille: |
Valette (Wirkstoff: Dienogest)
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Anmerkungen der SDG: |
Uns liegen derzeit keine ausreichenden Studien über den Wirkstoff Dienogest vor. Ob ein höheres Thromboserisikozu Pillen der 2. Generation vorliegt ist daher nicht abschließend geklärt, wird aber vermutet.
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Einnahmedauer: | 5 Jahre |
Symptome: | Engegefühl, Herzrasen, Atemnot |
Nebenwirkungen: |
beidseitige fulminante Lungenembolie mit Rechtsherzbelastung |
Raucher: | Nein |
Übergewicht: | Ja |
Meine Erfahrungen:
Sonntag, 25.05.2008
Auf dem Weg in Omas Wohnung bemerkte ich, dass ich schlecht Luft bekam und ich merkte, dass mein Herzschlag sehr schnell war. Außer Puste bin ich dann, nach einem größeren Zwischenstopp auf einer Parkbank auf halber Strecke und zwei weiteren kleineren Pausen (die Strecke beträgt keinen Kilometer!), in der Wohnung meiner Oma angekommen.
Es dauerte eine Weile, bis ich wieder einigermaßen Luft bekam.
Mein Puls und Blutdruck waren astronomisch und eine Normalisierung stellte sich zu keinem Zeitpunkt ein.
Montag, 26.05.2008
Aufgrund dessen, dass ich die ganze Nacht gemerkt habe, dass der Puls und der Blutdruck sich nicht normalisierte, habe ich in Rücksprache mit meiner Mutter beschlossen, zum meinem Hausarzt zu fahren, um die Symptome abklären zu lassen.
Meinem Hausarzt schilderte ich die Symptome. Dieser maß meinem Blutdruck und Puls (im Ruhezustand 180/120, Puls 135). Er ging zu diesem Zeitpunkt davon aus, dass ich, auch aufgrund der familiellen Belastung, Bluthochdruck hatte. Er ließ ein EKG schreiben, was unauffällig war und überwies mich an einen Kardiologen zum Echokardiogramm und einen Augenarzt zur Funduskopie. Er verschrieb mir Ramipril.
Trotz Ramipril sank mein Blutdruck und Puls nicht bzw. nicht genügend.
Dienstag, 27.05.2008
Trotz der blutdrucksenkenden Mittel veränderte sich mein Blutdruck und Puls nicht. Im Gegenteil es wurde nur noch schlimmer.
Über dem Vormittag ruhte ich sehr viel und maß regelmäßig meine Vitalwerte.
Gegen 14:00 Uhr wollte ich in den Garten meiner Großeltern fahren. Aus Sicherheitsgründen hatte ich meine Pulsuhr angelegt. Auf dem Weg zum Auto, welches gut 20 Meter von der Haustür entfernt geparkt stand, merkte ich, dass ich kaum noch Luft bekam, ich Angst hatte ohnmächtig zu werden und das ich einen stechenden Schmerz in der Brust verspürte. Im Auto brauchte ich gute 10 Minuten, bis ich mich wieder im Stande fühlte loszufahren.
Bis heute frage ich mich wie ich das überhaupt hinbekommen habe mein Auto zu bedienen.
Jede kleinste Anstrengung / Bewegung löste die oben beschriebenen Probleme aus.
In Rücksprache mit meiner Oma fuhren wir zu meiner Mutter um die weitere Vorgehensweise zu besprechen.
Auf dem Weg aus dem Auto in die Wohnung meiner Mutter (1. OG) zeigte sich dasselbe Belastungsproblem nur noch schlimmer. Ich war schon blau am anlaufen. Darauf hin beschloss meine Großmutter mich umgehend ins Krankenhaus zu bringen.
Mamas Nachbarin wollte mich begleiten. Auf dem kurzen Weg vom Auto in die Rettungsstelle zeigten sich wiederum die Beschwerden. Diese waren jedoch so stark, dass die Nachbarin Angst bekam, dass ich es nicht bis in die Rettungsstelle schaffte. Inzwischen war ich komplett blau angelaufen. Gott sei Dank war die Wartezeit in der Rettungsstelle sehr kurz. In der ganzen Zeit konnte ich nur sitzen, da ich im Liegen das Gefühl hatte gleich ersticken zu müssen. Zumal auch die Schmerzen derart heftig waren, dass ich nahe der Ohnmacht war.
Bei der Aufnahme in der Rettungsstelle wurde mir Blut abgenommen, einen Venenzugang gelegt und wiederum ein EKG geschrieben. Kurze Zeit später kam der diensthabende Arzt, der mich zur Symptomatik befragte, die familielen Hintergründe hinterfrage.
Er teilte mir zu diesem Zeitpunkt mit, dass es nicht auszuschließen ist, dass ich einem Herzinfarkt habe. Um dieses ausschließen zu können, müsste eine 2. Blutabnahme nach 5 Stunden erfolgen. Darauf wiesen zu diesem Zeitpunkt die Blutwerte und das EKG hin. In der Zwischenzeit informierte Karin meine Mutter und sie verabredeten einen Wechsel.
Kurz darauf kam der Krankenpfleger wieder und teilte mir mit, dass er mich nun mitnehmen wolle. Ich war schon dabei aufzustehen, als dieser mir mitteilte, dass ich nicht mehr aufstehen dürfe und nun in den Schockraum müsse, damit man mich besser überwachen könne.
Im Schockraum schloss man mich sofort an diverse Geräte und Monitore an (all die Geräte hörten nicht auf zu piepen…) und machte ein Ultraschall des Herzens, welches unfällig war.
Mein großer Dank liegt bei dem diensthabenden Chef-Internist des UKBs, welcher sofort hinzugezogen wurde, und der richtig reagiert hat. Neben den üblichen Verdächtigungen wie Herzinfakt, Herzmuskelentzündung usw. hatte dieser auch die D-Dimer und andere für einen Embolie maßgebliche Parameter machen lassen. Alles nur weil ihm kurz zuvor eine junge Frau durch eine Embolie unter den Fingern verstorben ist. Das alles habe ich erst im Nachgang erfahren. Auch leitete der Arzt sofort eine Herzkatheter-Untersuchung in die Wege.
Beim Kathetern des linken Lungenflügels konnte schon ich – als absoluter Laie – erkennen, dass was nicht in Ordnung war. Dieser konnte nur noch im geringen Maße arbeiten. Aber die Bilder des rechten Lungenflügels waren grauenhaft. Dieser konnte seiner Tätigkeit gar nicht mehr nachgehen. Hier ging gar nichts mehr. Nun stand fest, dass ich eine beideseitige fulminante Lungenembolie habe. Von da an ging alles ganz schnell. Noch einmal kurz mit meiner Familie gesprochen und dann – natürlich nur in Begleitung eines riesigen Teams aus Ärzten und Pflegekräften samt Massen an Technik – auf die Intensivstation.
Schon einen Tag nach der Embolie konnte eine Emboliequelle nicht ausfindig gemacht werden. Daher wurde die Ursache der Embolie vorerst mit der Einnahme oraler Kontrazeptiva in Verbindung gebracht.
Ich habe jedoch über die Charité Berlin und das Vivantes-Klinikum Friedrichshain weitere Nachforschungen (Thrombophiliediagnostik) angestrebt. Resultat der Untersuchungen war, dass ich unter einer Faktor-VIII-Aktivität leide.
Ich gebe zu, ich habe mir damals nie Sorgen über die Nebenwirkungen gemacht. Ja, Thrombose-Risiko… Aber ich doch nicht. Ich bin doch jung und gesund.
Bis zu diesem Tag war ich jung und gesund (mit leichtem Übergewicht).
In meiner Familie gab es keine Anhaltspunkte, die gegen die Einnahme dieser – oder gar anderer – Pille sprachen.
Hätte ich damals über das Wissen der Gerinnungsstörung verfügt, wäre ich nie auf den Gedanken gekommen überhaupt mit der Antibabypille zu verhüten und schon gar nicht mit einer, die das Risiko einer Thrombose und somit einer Lungenembolie um ein vielfaches erhöht.
Wie bei vielen der anderen Betroffenen hat sich mein Leben seitdem massiv verändert. Eine leichte Rechtsherzbelastung samt Herzrythmus-Störung sind mir geblieben. Meine Belastbarkeit ist eingeschränkt. Neben dem, dass ich keine Kinder bekommen kann (zwischenzeitlich wurde mich auch schon die Gebärmutter entfernt).
Und nicht zu vergessen: Der Tod ist nun ein ständiger Begleiter in meinem Leben. Die Angst wieder eine Embolie zu erleiden ist so groß, dass ich bei jedem kleinsten Verdachtsfall ins Krankenhaus fahre und es abklären lassen. Diese Angst hat mir – die nach der Embolie – noch viele weitere Erkrankungen bekam, die (vermutlich) nicht im Zusammenhang mit der Einnahme der Pille stehen werden, nun schon 2 weitere Male das Leben gerettet….
Selbst beim Lesen der anderen Berichte und dem Schreiben meines Berichtes geht es mir schlecht. Die Symptome sind wieder da…