Pille: | Valette |
Wirkstoff: | 2 mg Dienogest, 0,03 mg Ethinylestradiol |
Einnahmedauer: | 12 Jahre |
Symptome: | Atemnot, schmerzendes, stark geschwollendes Bein |
Diagnostiziert: | Beidseitige Lungenembolie, mehrstufige Thrombose |
Raucher: | Nein |
Übergewicht: | Ja |
Mein Erfahrungsbericht:
Circa eine halbe Woche lang bemerkte ich Schmerzen in meinem linken Bein. Die ich zunächst als Zerrung abtat. Ich wärmte und kühlte es abwechselnd, die typischen Thrombose Symptome blieben lange aus. Erst als mein Bein einen 5cm dickeren Umfang zu meinem rechten Bein aufwies und ich aufeinmal minimale Gehstrecken nicht mehr schaffte, wusste ich etwas stimmt nicht.
Es war Wochenende, ich besuchte eine Grillfeier meiner besten Freundin. Die kurze Strecke zum Auto war die Hölle- ich dachte mein Herz springt aus der Brust und irgendwie bekam ich sehr schlecht Luft. Ich beschloss gleich am Montag meine Hausärztin aufzusuchen. Nach sofortiger Überweisung zum Ultraschall wurde ambulant die Diagnose „mehrstufige tiefe Beinvenenthrombose gesichert“ so etwas könne man auch weiter ambulant mit entsprechender „Blutverdünnung“ behandeln -Nur wenn ich keine Luft mehr bekommen würde, müsste ich umgehend in ein Krankenhaus. Als ich sagte, dass das der Fall sei- ging es ganz schnell via RTW ins Krankenhaus und dann passierte ersteinmal NICHTS. O2 Sättigung war normal, sodass man mich zwar stationär aufnahm aber weitere Diagnostik nicht für dringend hielt. Mir wurde empfohlen mich dennoch ausreichend zu bewegen- das rächte sich. In der Nacht dämmerte ich schweißgebadet vor mich hin hatte starke Atemnot, die alarmierte Schwester irgnorierte mich. Irgendwie überstand ich die Nacht, ich weigerte mich am Morgen zum Herzultraschall zu laufen, zu dem man mich nun abholen wollte. Genervt wurde ein Rollstuhl organisiert.
Der behandelnde Kardiologe machte sich lustig während er mit der Untersuchung begann. Ob ich mir die Atemnot nur einbilden würde. Zum damaligen Zeitpunkt stand ich 1 Woche vor den Abitur, welches ich an einem Abendgymnasium besuchte. Ich sagte nur- eigentlich hätte ich Besseres zu tun als hier zu sein. Plötzlich sagte er kein Wort mehr, er räusperte sich immer wieder verlegen. Dann sagte er ich hätte eine starke Rechtsherzbelastung und dürfte nicht mehr aufstehen. Jetzt ging es wirklich schnell- mehrere Schwestern und Pfleger eilten herbei versuchten mich mit sowenig Bewegung wie möglich, zum CT zu bringen. Dort bestätigte sich, was ich nun schon lange ahnte. Lungenembolie- beide Lungenflügel betroffen. Danach wurde ich in mein Zimmer geschoben. Auskunft gab es keine.
Neben mir im Zimmer lag eine ältere Dame mit der Diagnose Schlaganfall, sie durfte alleine auf die Toilette. Da ich keine Aufklärung erhielt, versuchte ich mit meiner laienhaften Logik zu kombinieren und fragte die Schwester- „Dann darf ich doch bestimmt auch wenigstens mal auf die Toilette?“ Sie wollte den Arzt fragen, der unverzüglich ins Zimmer gestürmt kam und mich anschrie „Wenn ich aufstehe wäre ich tot“. Die anderen Frauen im Zimmer waren entsetzt. Es war der junge Arzt der mich aufgenommen hatte, ich denke heute er stand unter großem Druck. Denn wie schlimm es wirklich war, erfuhr ich danach. Zahlreiche Ärzte kamen zu mir ans Bett, ich wäre eigentlich für das Ausmaß ein Fall für die Intensivstation, warum ich überhaupt noch reden könne, wüsste man nicht. Insgeheim fragte ich mich, ob ich mich jetzt dafür noch entschuldigen sollte. Ich bekam Sauerstoff, strikte Bettruhe und für 2 Jahre Falithrom. Nach dem Krankenhausaufenthalt ging es zur Anschlussheilbehandlung, wo ich in die schlechteste Atemtherapie Gruppe gesteckt wurde. Die zumeist älteren Damen und Herren, die mit ihren mobilen Sauerstoffgeräten auf die Therapie warteten, sahen mich ungläubig an. Ich kam mir falsch eingeordnet vor. Als die Therapie begann war ich die Erste die nicht mehr konnte. Ich bekam eine Einzeltherapie. Was in den folgenden Jahren folgte, ist auf die Rechtsherzbelastung zurück zu führen. Zahlreiche Herzkatheteruntersuchungen, verschiedene Rhythmusstörungen des Herzens- zuletzt eine dreijährige Dauerüberwachung meines Herzens via Implantat. 2Jahre Failithromtherapie mit wöchentlicher Blutuntersuchung. Von den psychischen Folgen mal ganz abgesehen. Nach so einem Erlebnis ist nichts von wegen mit „Ich sehe jetzt das grün der Bäume ganz anders“- das musst Du dir ersteinmal hart erarbeiten! Du verlierst Freunde, die mit deinem einzigen momentanen Lebensmittelpunkt – Krankheit- nicht zurecht kommen. Dein Körper ist aufeinmal ein hinterhältiger Verräter, der eine Attacke aus dem Hinterhalt gestartet hat. Die Versöhnung kostet Kraft und Zeit. Nachdem mir so oft schlimme Prognosen gestellt worden sind von „Die nächste Embolie wäre für mich tödlich“ bis „Ihr Herz kann so was nicht mehr leisten“, beschloss ich entgültig damit abzuschließen. Auf meine Weise- Ich meldetet mich für einen Triathlon an 3,8km schwimmen, 180km Radfahren und 42km laufen. Ich war davon überzeugt- mein Herz ist so stark wie mein Kopf. Ich wollte es schaffen, nicht die Erste sein. Und ich schaffte es auch.
Von der Schuld der Pille redete keiner. Ich war Nichtraucher, leicht übergewichtig. Lange glaubte ich- der Zonk ging halt an dich. Einzelfall mit 22 Jahren. Erst als das Thema in den Medien aufkam und ich sah das Valette, die Pille die ich einnahm, dazu gehörte, klingelte es. Ich fühlte mich betrogen, benutzt – meine Gesundheit missbraucht für die Pharmaindustrie. Das ist jetzt alles 9 Jahre her.
Die Konsequenzen sind viel schwerwiegender als der kurze Zeitpunkt der akuten Erkrankung. Ich habe für meine Tochter eine Lebensversicherung abgeschlossen- gerade einmal 2 Anbieter haben mir ein Angebot gemacht (mit entsprechendem Aufpreis), der ständige Hintergedanke, dass so etwas wieder passieren kann, die vorhandene Schädigung des Herzens, die kaputeen Venenklappen in meinem Bein, die mir spätestens in 20 jahren richtig Probleme machen werden. Und nicht zuletzt – die Schwangerschaft meiner Tochter. 9Monate Angst, extreme Intensivschwangerenbetreuung, wieder Blutverdünnung und am Ende Kaiserschnitt.
Ich denke viele Frauen die, die Pille nehmen und von diesen ganzen Geschichten hören, lesen sie im besten Fall mal durch aber die wenigsten hören auf die Pille zu nehmen. Ich kann nur sagen wartet nicht darauf das Euch so etwas passiert, handelt jetz! Ich und die vielen andere betroffenen Frauen sind keine Einzelfälle!
Wie geht es mir heute damit:
Regelmäßiger Herzultraschall